Geschlossen geführte Intensivgruppe

Die Intensivgruppe bietet einen Sicheren Ort für Mädchen und junge Frauen, die sich durch Entweichung vor der pädagogischen Einflussnahme entziehen, die Teilnahme an Alltagsstrukturen verweigern, über wenig Frustrations- und Stresstoleranz sowie Konfliktfähigkeit verfügen oder vor einem schädigenden Milieu geschützt werden müssen.

Auf der geschlossen geführten Intensivgruppe steht die intensive pädagogische Arbeit im Zentrum. Die Geschlossenheit setzt den überschaubaren Rahmen, in welchen unmittelbar schützend, entlastend und korrigierend interveniert werden kann. Innerhalb dieses Rahmens können die Jugendlichen alternative Verhaltensweisen einüben. Dabei werden sie grundsätzlich nur in den ersten zwei Wochen in der Eintrittsphase vor Entweichung „geschützt“. Sie sollen sich in dieser ersten Zeit nicht mit dem Thema Entweichung befassen oder diese als Ausweichmanöver vor sich und anderen einsetzen können. Vielmehr geht es darum, in der Jugendstätte Bellevue anzukommen, um von dort aus, sukzessive weitere Schritte in grössere Freiheit zu gewinnen.

Der Gruppenalltag bietet in Kombination mit der Tagesstruktur sowohl Schutz wie auch Lernfeld. Die Jugendlichen sind im nach aussen geschlossenen Rahmen in ein ausschliesslich internes Wohn- und Bildungsangebot eingebunden. Dieses hat zum Ziel, ihre Sozial- und Selbstkompetenzen sowie Grundlagenfähigkeiten für die Schul- und Berufsbildung zu fördern. Das Vertrauen der Mädchen und jungen Frauen in sich selber und in das soziale Umfeld wird gestärkt. Gleichzeitig wird ihre Lernbereitschaft geweckt, indem ihnen Erfolgserlebnisse vermittelt und sie behutsam wieder an die Schule herangeführt werden.

¹Der Kontakt zum Herkunftssystem ist ebenfalls reglementiert. Angehörige haben die Möglichkeit, die Mädchen und jungen Frauen an den Wochenenden zu besuchen, nicht aber umgekehrt. Zur Vorbereitung auf den Übertritt in eine offene Wohngruppe erproben die Mädchen und jungen Frauen Besuche im Herkunftssystem an den Wochenenden.

In der folgenden Tabelle ist das System unter dem Aspekt der Öffnungsschritte und der damit verbundenen Minimalanforderungen an jede Jugendliche dargestellt.

Eintrittsphase Stufe 1

  • Geschlossener Wohngruppenrahmen mit täglichen begleiteten Aufenthalten im geschlossenen Aussenareal
  • Ziele: Stabilisierung, zur Ruhe kommen, Eingewöhnen/Tagesablauf und Regeln kennen lernen, Beziehungsaufbau zu Sozialpädagoginnen, Sicherheit innerhalb gehaltener Innen- und Aussenstruktur erlangen, Akzeptanz der Platzierung.
  • Dauer der Stufe insgesamt: 2 Wochen

Stufe 2

  • Geschlossener Wohngruppenrahmen mit begleiteten Ausgängen und Aktivitäten ausserhalb des geschlossenen Rahmens
  • Ziele: Erproben von ersten Schritten aus der Innenstruktur nach aussen,  Umgebung der Jugendstätte Bellevue kennen lernen (im Sinne von „Ankommen“), intensive Auseinandersetzung mit eigener Situation, Kennenlernen der anderen Jugendlichen, Akzeptanz der Platzierung
  • Dauer: individuell
Trainingsphase Stufe 3

  • Geschlossener Wohngruppenrahmen mit begleiteten Ausgängen und Aktivitäten ausserhalb des geschlossenen Rahmens, begleitetes Wahrnehmen von externen Terminen (z.B. Therapie, Arzt, Suchtberatung)
  • Ziele: Erarbeiten von individuellen Entwicklungs- und Lernzielen, erproben von Frustrations- und Belastungstoleranz, Einüben von Strategien und Methoden zur Emotionsregulation, Aufmerksamkeitslenkung, Akzeptanz der Platzierung
  • Dauer: individuell

Stufe 4

  • Geschlossener Wohngruppenrahmen mit begleiteten Ausgängen und Aktivitäten ausserhalb des geschlossenen Rahmens, selbständiger/eigenverantwortlicher Aufenthalt/Aktivität auf dem offenen Areal der Jugendstätte Bellevue, selbständiges Wahrnehmen von Terminen (z.B. Therapie, Arzt, Suchtberatung)
  • Ziele: analog Stufe 3
  • Dauer: individuell
Festigungsphase Stufe 5

  • Analog Stufe 4 + strukturiert begleitete Heimgänge an den Wochenenden (Samstag bis Sonntag)
  • Ziele: Erproben von Eigenverantwortung und Selbstkompetenzen (individuelle Entwicklungs- und Lernziele), stärken der Bindungen zu Eltern und/oder langjährigen Bezugspersonen aus dem Herkunftssystem
  • Dauer: individuell
Übertrittsphase Stufe 6

  • Analog Stufe 5
  • Ziele: Vorbereitung auf das offene Wohngruppensetting im weniger intensiv betreuten Rahmen, zuverlässiger Umgang mit freien Ausgängen
  • Dauer: individuell

 

Da im Stufensystem sowohl die Bewältigung der Öffnungsschritte als auch die Erreichung der individuellen Ziele (Selbstkompetenz, Sozialkompetenz etc.) verankert ist, kann es in der Praxis sein, dass sich eine Jugendliche hinsichtlich der beiden benannten Aspekte auf unterschiedlichen Stufen befindet.

Dieser stark strukturierte, räumlich überschaubare und personell eng besetzte Rahmen ermöglicht es den Mädchen und jungen Frauen, sich mit der Unterstützung der Sozialpädagoginnen auf die Selbstwahrnehmung, das Selbstverstehen und die Selbstregulation zu konzentrieren und ihre Widerstandsfähigkeit auszubauen. Dieser Rahmen bietet wenig gegenseitige Ausweichmöglichkeiten. Die Sozialpädagoginnen sind deswegen besonders sensibilisiert auf gruppendynamische Prozesse, die Vorzeichen von Krisen oder Konflikten und verstehen sich auf Interventionen zur Deeskalation im Gruppengefüge. Sie achten besonders darauf, dass die Jugendlichen ihre Rückzugsmöglichkeiten wahrnehmen und gegenseitig respektieren wie auch, dass diese von den Sozialpädagoginnen in angemessener Weise respektiert werden. Damit Krisen und Konflikte als Entwicklungs- und Lernchancen genutzt werden können, machen sie den Jugendlichen Angebote für Entspannung und Selbstführung in schwierigen Situationen. Dazu gehört es u.a. die Mädchen und jungen Frauen nach draussen zu begleiten.

Die Aufenthaltsdauer ist individuell unterschiedlich und orientiert sich an den Entwicklungsschritten der jeweiligen Jugendlichen. Grundsätzlich arbeiten wir zielorientiert und nicht zeitorientiert.